AutorInnen: Hartmut Häfele, Kornelia Maier-Häfele

Neben den Kernfunktionen wie Trainee und Kurs-Management, verfügen die meisten Learning Management Systeme (LMS) für den Einsatz in Unternehmen über Funktionen, die Werkzeuge der Personalentwicklung teilweise abbilden. Dazu zählen insbesondere das 360 Grad Assessment sowie das Skill- und Kompetenz-Management mit den Ausprägungen Skill-Gap-Analyse und Wissenslandkarte.


Obwohl das 360 Grad-Assessment bzw. die 360 Grad Beurteilung in unseren Breiten eher diskursiv behandelt wird und die 360°-Feedback-Methode bevorzugt wird (Freimuth, Zirkler 2001), ist ein entsprechendes Werkzeug in nahezu allen für den europäischen Markt lokalisierten Produkten amerikanischer Hersteller integriert.


Das 360 Grad Assessment in seiner vollen Ausprägung schließt die (anonyme) Beurteilung von ArbeitnehmerInnen durch Vorgesetzte (90 Grad), KollegInnen (180 Grad), MitarbeiterInnen (270 Grad) und externe Kooperationspartner (360 Grad) ein. Obwohl in der Praxis selten alle Beurteilungsstufen durchlaufen werden, soll dieses "Multi-Source-Assessment" die Leistungsurteile entsprechend objektivieren.


Doch da "die Summe der Subjektivität noch lange keine Objektivität ergibt" (Demmer 2002), fließen die (Teil-)Ergebnisse der Ratings in das Skill- bzw. Kompetenz-Management des LMS ein und werden dort mit den Ergebnissen aus objektiven Tests gebündelt, die meist in Form von Multiple-Choice-Fragen arbeitsplatzbezogenes Faktenwissen abprüfen.
Auf Basis dieser Ergebnisse werden vom LMS automatisch Kompetenz-Profile und Wissenslandkarten der Trainees erstellt. Diese können mit den für den Arbeitsplatz durch das Personalmanagement festgelegten Profilen verglichen und analysiert werden. Diese so genannte "Skill-Gap-Analyse" soll eventuelle "Wissenslücken" aufdecken und in weiterer Folge den Trainees Vorschläge zur Schließung dieser Lücken in Form von geeigneten CBTs (Computer Based Trainings) oder WBTs (Web Based Trainings) machen (siehe die folgende Abbildung).

 

skill-gap-analyse 
Abb.: Die Ergebnisse einer Skill-Gap-Analyse mit den entsprechenden Kursvorschlägen

Diese Form der Administration und Gestaltung des Lernprozesses ist relativ automatisiert und wird von den Corporate e-Learning Hauptzielgruppen wie bspw. Banken und Versicherungen erfolgreich für gezielte "Hard-Skills"-Trainingsmaßnahmen mit konkreten Ausbildungszielen wie beispielsweise Produkteinschulungen eingesetzt. Da dieser Prozess auf Ressourceneffizienz ausgerichtet sind, wird auch verständlich, warum in die Kernfunktionalität der Learning Management Systeme der Weltmarktführer keine Kommunikations- und Kooperationswerkzeuge eingebunden sind. Didaktisch eher dem instruktionistisch motivierten Trainingsansatz verhaftet, wird bei dieser Form des Corporate e-Learning ganz auf die Effizienz und Qualität des Learning Contents in Form von WBTs und CBTs vertraut.

 

Literatur:

Demmer, C. (2002): Nichtssagend und feige, Süddeutsche Zeitung vom 27.7.2002.
Freimuth, J./Zirkler, M. (Hg.) (2001): Lizenz zum Führen? 360-Grad-Feedback in der Personal- und Organisationsentwicklung, Hamburg.